Theodizee



Angeregt durch eine Religionsklausur die ich geschrieben habe, öffne ich nunmal das Thema hier und freue mich schon auf eine nette Diskussion smile ....ich werde mich zunächst auf die Erläuterung meiner Meinung beschränken (dazu ist aber Vorwissen notwendig was ich mitliefere):



Ersteinmal die Begriffsklärung. Was ist die Theodizee bzw. die Theodizee-Frage?
Die Theodizee ist ein Problem der Religionen, vorallem derer die sich auf einen gütigen und allmächtigen Gott berufen, welches bis heute nicht mit einer einfachen Antwort gelöst werden konnte. Es beschreibt die Problematik die sich ergibt wenn man von einem gütigen und allmächtigen Gotteswesen ausgeht und versucht das Leid auf der Erde zu erklären.
Wie kann ein Gott allmächtig, also in der Lage sein jedes Problem zu beheben, sein und dennoch Leid zulassen? Es wäre ganz einfach wenn man sagte er sei nicht gütig, sondern wolle das Leid des Menschen und aller anderen Geschöpfe, aus welchem Grund auch immer.
Oder man spricht der Gottheit seine Allmacht ab und geht von einem weiterhin gütigen Wesen aus, dass aber nicht in der Lage ist alles Leid zu verhindern.
Dies sind nur die groben Richtungen, die es bei der Lösungssuche gibt.

Allmacht + Güte = Leid ????

Eingschränkte Macht + Güte = Leid

Allmacht + eingeschränkte/unvorhandene Güte = Leid


In meiner Klausur nun, hatte ich einen Text von Harold Kushner bekommen. Dieser ist ein amerikanischer Rabbi, dessen Sohn mit 14 Jahren aufgrund Progerie verstarb. Danach fochte Kushner einen regelrechten Glaubenskrieg und verstand nicht wie Gott es zulassen konnte das "Guten Leuten Böses wiederfährt" (so auch der Titel seines bekanntesten Buches).
Er löst für sich das Problem der Theodizee so, indem er Gott seine Allmacht abspricht und sagt, das Gott nicht die Quelle des Leids sei und es auch nicht verhindern könnte. Für Kushner zeigt sich Gottes Güte in den Taten unserer Mitmenschen, die uns helfen wenn wir leiden. Er bezeichnet sie als Gottes Stimme.

Des weiteren gibt es noch Prof. Slimburn, der noch etwas weiter geht mit der Einschränkung Gottes Allmacht. Er sagt, Gott habe uns den Freien Willen gegeben, weshalb er auch nicht eingreift wenn Menschen sich für das Böse entscheiden. Er sagt auch bei Naturkatastrophen und Krankheiten, die ausserhalb der Macht Gottes liegen, hätten wir die Wahl zwischen Gutem und Bösem und wenn wir uns für das Gute entschieden könnten wir irgendwann in einer besseren Welt leben.
Zudem beschreibt er die "Paradies-Problematik". Diese besagt, dass wenn wir in einer perfekten Welt, einem Paradies, lebten, wo alles "Gut" ist so würden wir gar nicht wissen können das alles "gut" ist, da wir nicht wissen was "schlecht" ist und uns kein Urteil bilden können.


Nun mein eigener Text dazu (wohlgemerkt nur ein Teil meiner Klausur):

Ich persönlich finde die Ansätze von Kushner und Slimburn recht plausibel. Allerdings würde ich sie etwas ergänzen und zusammenfügen. Ich denke, es ist wie mit der Paradies-Problematik, die Slimburn erwähnte. Wenn das Leben keine negativen Seiten hätte, dann würden wir gar nicht wissen können, dass es gut ist. Uns würde jeglicher Vergleich fehlen, womit wir Menschen mit unserem Verstand überfordert wären ein Urteil über unsere Welt zu fällen.
Diese Logik basiert darauf, dass es eine Grundvoraussetzung ist, dass Gutes nur aus Schlechtem entstehen kann womit gleichzeitig bewiesen wäre, dass es ohne Leid nichts Gutes gäbe.
Denn woher will ein Kind wissen, dass Weiß der Gegensatz zu Schwarz ist, wenn es Schwarz nicht kennen würde?
Deswegen denke ich, hat Gott uns den freien Willen gewährt und hilft uns unser Leid zu tragen, indem er Boten der Nächstenliebe entsendet.
Das können Nachbarn, Eltern, Freunde, Lehrer aber auch jeder Andere sein, da es in der Natur des Menschen liegt sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen.
Wie sonst, wenn nicht durch gegenseitige Hilfe und Nächstenliebe, wäre unsere Gesellschaft zu dem geworden, was sie Heute ist?
Ich bin grad vollkommen begeister und platt smile Das ist genau das, was ich mich schon seit Jahren frage und worauf ich nie eine Antwort bekommen hab!
Ich finde sowas voll interessant und wenn man sowas wirklich in der Oberstufe macht sollte ich Religion doch behalten Augenzwinkern
Was ich persönlich toll finde, keine Ahnung warum - aber es erscheint so simpel und einfach und doch irgendwie genial Augenzwinkern - ist der Satz mit dem schwarz und weiß als Gegensatz. Das macht das Ganze irgendwie "griffiger" smile (weiß nicht, wie ich's sonst sagen sollte Augenzwinkern )
So, und nun zur Diskussion: smile
Wenn man mich fragen würde, würd ich sagen, dass es doch vollkommen klar ist, zumindest nachdem ich den Text gelesen hab, wenn man das schlechte noch nie kennen gelernt hat, dann kann man auch nicht wirklich sagen, dass etwas gut ist oder nicht. Es fehlt einem einfach der Vergleich. Da wir aber beides auf dieser Welt haben zeigt uns, solang man an Gott glaubt, Gott, dass wir das Gute schätzen können - ohne das böse wäre das nie möglich, da dann das Gute einfach nur "normal" wäre - nichts besonderes. Wenn ein Kind jeden Tag ein neues Spielzeug bekommt, ist es für das Kind das Normalste auf der Welt - wenn es nun aber andere Kinder sieht, die ums blanke Überleben kämpfen, dann merkt es erst, wie gut es es hat.
Ich weiß nicht, ob ich die Gedanken von dem Rabbi was die Nächstenliebe anbetrifft als richtig empfinden kann. Einerseits ist es logisch aber andererseits denke ich nicht so. Ich glaube, dass Menschen entweder aus reiner Hilfsbereitschaft helfen, vielleicht auch, weil sie einfach so erzogen worden - man kann hier nicht abstreiten, dass das vielmals auf religiöse bzw. Christen zutrifft (sie lernen es einfach so in der Bibel durch das Gleichnis mit dem barmherzigen Samariter) oder einfach aus reinem Egoismus - was wohl oft der Fall ist. Sie erhoffen sich dadurch halt etwas. Auf der anderen Seite muss man auch noch sagen, dass es auch auf die Gesellschaft ankommt. Heutzutage empfinde ich es, wenn ich mir mal meinen Freundeskreis bzw. die Leute anschaue, die ich kenne, nicht als selbstverständlich zu helfen - es ist leider eher eine große Ausnahme. (Bin ich irgendwie am Thema vorbei? Kopf kratz - da bin ich mir grad nicht so sicher ^^ irgendwie klingt das auch leicht hochgestochen - aber egal Augenzwinkern Das is meine Meinung ^^)

Ich weiß nicht warum, aber das Ganze erinnert mich stark an das Buch "Memnoch der Teufel" von Anne Rice...
Ich frage euch, gibt es überhaupt einen gütigen Gott? Ich hab mal einen Grossteil des AT und, um die Muslime besser zu verstehen, die ersten fünf Suren des Korans gelesen, doch der Gott des Korans war so erbarmungslos, dass ich es nicht länger ausgehalten habe, weiterzulesen. Und der Gott des Alten Testaments war kein Stück besser.
Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Theodizee überhaupt sinnvoll ist.

Ok, nehmen wir mal an es gibt eine gütigen Gott und die Theodizee hat ihren Sinn, dann frage ich mich was "Gut" und "Böse" überhaupt ist.
Kann mir jemand eine Definition geben? Was gut und böse ist, definiert wohl jeder für sich selbst, jeder Mensch. Objektiv gesehen existiert sowas wie Gut und Böse ja gar nicht. Gäbe es keine Menschen oder gar irgendein Subjekt, was wäre dann Gut, was Böse? Das sind doch nur subjektive Bewertungen, die sich von Person zu Person anders sein können, also sind sie nicht und nichtens.

Zitat:
Original von Martin
Diese Logik basiert darauf, dass es eine Grundvoraussetzung ist, dass Gutes nur aus Schlechtem entstehen kann womit gleichzeitig bewiesen wäre, dass es ohne Leid nichts Gutes gäbe.

Nach dieser Logik würde aber Leid nur aus Gutem folgen, denn woher soll man wissen, was Leid ist, wenn man nicht weiss, was Gut ist? Ein schöner Zirkelschluss, nicht wahr? Augenzwinkern


Zitat:
Er sagt auch bei Naturkatastrophen und Krankheiten, die ausserhalb der Macht Gottes liegen,

Der Professor Slimburn scheint mir ja ein wahrer Gotteskenner zu sein. Wenn sowas ausserhalb Gottes Macht liegt, wie soll denn Gott die Welt erschaffen, toter Materie Leben eingehaucht und Strafen mittels Krankheiten und Katastrophen verhängt haben?

Zitat:
Original von charm
Das ist genau das, was ich mich schon seit Jahren frage und worauf ich nie eine Antwort bekommen hab!

soetwas hat mich als Atheist "Gott sei Dank" nicht beschäftigt.

Ausser diesen Kritikpunkten hab ich zu meiner Meinung nichts beizutragen. Wollte nur ein wenig Stoff liefern, die die Grundfesten der Theodizee angreifen.

Aber ich bin total von den Socken, dass man wieder Diskussionsstoff hat, und dabei sogar so "guten" Augenzwinkern .
Danke Martin. Daumen hoch

//edit: hab mich in der Bedeutung eines Begriffes geirrt. Ich bin kein Agnostiker, sondern Atheist.
Zitat:
Original von MrPSI
Ich frage euch, gibt es überhaupt einen gütigen Gott? Ich hab mal einen Grossteil des AT und, um die Muslime besser zu verstehen, die ersten fünf Suren des Korans gelesen, doch der Gott des Korans war so erbarmungslos, dass ich es nicht länger ausgehalten habe, weiterzulesen. Und der Gott des Alten Testaments war kein Stück besser.
Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Theodizee überhaupt sinnvoll ist.


Das Christentum bezieht sich aber hauptsächlich auf das Neue Testament, in dem doch durchaus das Bild eines gütigen & allmächtigen Gottes entworfen wird. Und sogar die Theodizee ist schon in der Bibel vorhanden, siehe Hiob.

Zitat:
Original von MrPSI
Ok, nehmen wir mal an es gibt eine gütigen Gott und die Theodizee hat ihren Sinn, dann frage ich mich was "Gut" und "Böse" überhaupt ist.
Kann mir jemand eine Definition geben? Was gut und böse ist, definiert wohl jeder für sich selbst, jeder Mensch. Objektiv gesehen existiert sowas wie Gut und Böse ja gar nicht. Gäbe es keine Menschen oder gar irgendein Subjekt, was wäre dann Gut, was Böse? Das sind doch nur subjektive Bewertungen, die sich von Person zu Person anders sein können, also sind sie nicht und nichtens.


Hier muss ich dir zustimmen: die Existenz von Gut und Böse ist erst durch den Menschen definiert worden. Die Natur kennt diese Begriffe nicht, wie sich ja auch an für uns "grausamen" und "schönen" Dingen zeigt (die Natur ist nicht überwiegend Gut oder überwiegend Böse). Ich denke die Fähigkeit des Leidempfindens gehört auch zu dem was uns Menschen ausmacht und genau darum ist es schwer für unseren Verstand von einem "Gott" auszugehen der eben genau dieses verhindern will und kann, was nach der Bibel (NT) ja der Fall sein soll.

Zitat:
Original von MrPSI
Nach dieser Logik würde aber Leid nur aus Gutem folgen, denn woher soll man wissen, was Leid ist, wenn man nicht weiss, was Gut ist? Ein schöner Zirkelschluss, nicht wahr? Augenzwinkern


Genau darauf wollte ich ja hinaus smile ...das Eine kann nicht ohne das Andere. Das ist der Gedanke den ich damit verband.

Zitat:
Original von MrPSI
Der Professor Slimburn scheint mir ja ein wahrer Gotteskenner zu sein. Wenn sowas ausserhalb Gottes Macht liegt, wie soll denn Gott die Welt erschaffen, toter Materie Leben eingehaucht und Strafen mittels Krankheiten und Katastrophen verhängt haben?


Es handelt sich dabei um die sog. "Prozesstheologie" (Wikipedia dazu), die besagt Gott habe die Welt nicht aus dem absoluten Nichts geschaffen, sondern nur "Teilchen inspiriert" sich irgendwie zu verhalten usw...sprich: Gott kann nichts steuern sondern nur "inspirieren". So drückte sich Slimburn zumindest im Interview aus.

Zitat:
Original von MrPSI
soetwas hat mich als Agnostiker "Gott sei Dank" nicht beschäftigt.


Dir hat sich nie die Frage nach dem Ursprung alles Gutem & Bösen gestellt? Und deren Sinn?

Zitat:
Original von MrPSI
Aber ich bin total von den Socken, dass man wieder Diskussionsstoff hat, und dabei sogar so "guten" Augenzwinkern .
Danke Martin. Daumen hoch


Danke/Bitte großes Grinsen
Zitat:
Original von MrPSI
Ich frage euch, gibt es überhaupt einen gütigen Gott? Ich hab mal einen Grossteil des AT und, um die Muslime besser zu verstehen, die ersten fünf Suren des Korans gelesen, doch der Gott des Korans war so erbarmungslos, dass ich es nicht länger ausgehalten habe, weiterzulesen. Und der Gott des Alten Testaments war kein Stück besser.


ich hab mal irgendwo gelesen "gott hasst die sünde, aber nicht den sünder."...
AT und NT unterscheiden sich also in gottes umgehungsweise mit der sünde.
zunächst hat gott den mensch geschaffen - gott liebt mensch, mensch liebt gott.
doch dann ist durch adams und evas verstoß gegen gottes aufforderung nicht von den äpfeln zu essen die sünde zwischen gott und den mensch getreten.
die beiden wurden bestraft, in dem sie aus dem paradies verscheucht wurden.
im AT lernt man noch viele menschen kennen, die wegen ihrer sünden bestraft werden, doch im NT findet gott eine möglichkeit, dem mensch die sünde zu vergeben ohne ihn bestrafen zu müssen. im folgenden steckt die eigentliche güte!
gott opfert seinen einzigen sohn aus liebe zu den menschen und schickt ihn auf die erde, wo er schließlich gekreuzigt wird. doch durch ihn (jesus) erfahren die menschen fortan die vergebung gottes. => gott hasst die sünde, aber nicht den sünder.

das wollte ich nur erklärend hinzufügen - verbessert mich, wenn das so nicht richtig ist...
Zitat:
Original von Martin
Zitat:
Original von MrPSI
Nach dieser Logik würde aber Leid nur aus Gutem folgen, denn woher soll man wissen, was Leid ist, wenn man nicht weiss, was Gut ist? Ein schöner Zirkelschluss, nicht wahr? Augenzwinkern


Genau darauf wollte ich ja hinaus ...das Eine kann nicht ohne das Andere. Das ist der Gedanke den ich damit verband.

Ich wollte damit eher auf die Henne-Ei-Thematik zurückgreifen. Was war zuerst da? Leid oder Gutes? Denn es muss eines von beiden zuerst gegeben haben, damit das andere entstehen kann. Es braucht zuerst Leid, damit Gutes kommen kann. Aber es braucht zuerst Gutes, damit wir wissen was Leid ist. Also ein hübsches Paradoxon, dem man nur entfliehen kann, wenn man in dieser Thematik irgendwie auf ein Drittes zurückgreifen kann. Im Begriff der Henne-Ei-Thematik wären das die Saurier, die Eier gelegt haben und aus denen dann Hennen kamen. Nur leider hab ich bei der Leid-Gut-Thematik ein solches Drittes nicht gefunden.

Zitat:
Original von Martin
Zitat:
Original von MrPSI
soetwas hat mich als Agnostiker "Gott sei Dank" nicht beschäftigt.


Dir hat sich nie die Frage nach dem Ursprung alles Gutem & Bösen gestellt? Und deren Sinn?


Doch, doch, hab ich. Dadurch bin eben auf die Erkenntnis gekommen, dass es nur subjektive Einschätzungen sind. Und seitdem reg ich mich über jeden und alles auf, der dieses klassische Gut-Böse-Bild(=die anderen sind schlecht, wir sind gut) zum Einsatz bringt.
Aber ich habe mich nie wirklich in diese Überlegungen Gott miteinbezogen, da ich einerseits zu jung war und andere Interessen hatte, als solche Gedanken, andererseits heute nicht an Gott glaube.
Ich sehe das ganze eher "Kant-mäßig". Ich glabue nicht, dass wir, als völlig unvollendete Wesen, in der Lage sind Gott in seiner Allmacht (und dies ist ja zuerst einmal die Voraussetzung) zu begreifen.
Wir machen uns immer ein Bild von Gott, aber unser Bild ist individuell und mit unseren Fehlern vollgestopft. Wir können ihn nicht begreifen, denn vielleicht gehört ja das "Leid" in die Welt, weil es sozusagen einen Ausgleich schafft zu dem "Schönen" (oder, wie in Asien, nur in einen anderen Zusammenhang gebracht: Yin und Yang sind miteinander verwoben und gleichen sich aus).

Aber ich habe auch noch eine andere Theorie und das ist "meine" Theorie: Meiner Meinung nach gibt es kein wirkliches Leid. Leid existiert nur, weil wir etwas wollen, was wir nicht haben können, oder weil wir körperliche Schmerzen erleiden. Wenn man sich von allem lossagt und dies auch wirklich meint, dann kann man auch keinen Kummer haben, denn man benötigt ja nichts.
Und Leid, das von körperlichen Schmerzen hervorgerufen wird, kann für uns auch positiv sein: Wir erfahren unseren Körper und spüren uns als ein Teil der Welt und dies kann uns auch eine Mahnung sein oder er kann uns wieder zu uns selbst zurückführen, oder uns zeigen, in welcher Lage sich andere befinden, etc.
Bilanz: Leid ist nicht schlecht, bzw.: wir könnten es abschaffen. Vielleicht ist es auch das, was Gott uns lehren will, indem er nicht eingreift?

So ähnlich wie MrPsi denke ich auch über "Gut" und "Böse":
Wir, in unserer Unvollkommenheit erkennen die Motive unseres Gegenüber nicht und wir können auch nichts Gutes in vielen Taten sehen - also stempeln wir sie als "Böse" ab, ohne genauer nachgedacht zu haben, warum dies so ist. Die anderen sind immer Böse, klar, aber nur, weil wir zu ignorant sind um zu erkennen das WIR SELBER die Bösen sind - für die andere Partei.
Wenn wir das erkannt haben, dann sehen wir, dass es eigentlich kein "Gut" und "Böse" gibt, alles hängt nur vom Blickwinkel des Betrachters ab und für Gott, der ja der These nach allmächtig und allwissend ist, ist also jede Tat weder Gut noch Böse - also muss er auch nicht eingreifen.

Gruß
MI
Zitat:
Original von MI
Aber ich habe auch noch eine andere Theorie und das ist "meine" Theorie: Meiner Meinung nach gibt es kein wirkliches Leid. Leid existiert nur, weil wir etwas wollen, was wir nicht haben können, oder weil wir körperliche Schmerzen erleiden. Wenn man sich von allem lossagt und dies auch wirklich meint, dann kann man auch keinen Kummer haben, denn man benötigt ja nichts.
Und Leid, das von körperlichen Schmerzen hervorgerufen wird, kann für uns auch positiv sein: Wir erfahren unseren Körper und spüren uns als ein Teil der Welt und dies kann uns auch eine Mahnung sein oder er kann uns wieder zu uns selbst zurückführen, oder uns zeigen, in welcher Lage sich andere befinden, etc.
Bilanz: Leid ist nicht schlecht, bzw.: wir könnten es abschaffen. Vielleicht ist es auch das, was Gott uns lehren will, indem er nicht eingreift?


Tsunamis, Vulkanausbrüche, unbekannte Seuchen, ein Mensch dessen Psyche geschädigt ist und der junge Mädchen vergewaltigt und zerstückelt, ein Neugeborenes das nach wenigen Minuten des Lebens einfach so stirbt, ein Kind das von nem Laster überfahren wird und noch tagelang ums Leben kämpft....

Also ganz ehrlich ich will Dich sehen wie du zu solchen und anderen Betroffnen hingehst und sagst: " Siehst du? Du erfährst grad deinen Körper. Jetzt weisst du wie sich die anderen 100.000 Vergewaltigungsopfer jedes Jahr fühlen. Schalt den Schmerz einfach ab."....

Ich habe nun verschiedene Arten von Leid angesprochen: das von Menschen verursachte und das durch Naturkatastrophen verursachte. Gegen das letzte ist der Mensch machtlos, das erste hingegen kann eventuell teilweise vermieden werden. Aber wie gesagt nur teilweise. Und ich gehe stark davon aus das _keines_ der jungen Mädchen die jedes Jahr vergewaltigt werden irgendetwas positives davon hat.
Das Mitmenschen und Freunde von "opfern" dazulernen stell ich mal ausser Frage, da durch solche Geschehnisse deren soziale Kompetenz trainiert/erhöht wird.

Allerdings denke ich hast du an einer Stelle definitiv Recht: sehr oft bilden wir, die wir aus einer "reichen Zivilisation" kommen, uns Leid ein wo keins ist. So habe ich schon Leute kennengelernt die nach 1 Tag mit nur 150ml Wasser rumgeheult haben wie schlecht es ihnen ginge, verglichen mit manch anderem Menschen auf der Welt is das lächerlich.
Zitat:
Tsunamis, Vulkanausbrüche, unbekannte Seuchen, ein Mensch dessen Psyche geschädigt ist und der junge Mädchen vergewaltigt und zerstückelt, ein Neugeborenes das nach wenigen Minuten des Lebens einfach so stirbt, ein Kind das von nem Laster überfahren wird und noch tagelang ums Leben kämpft....

Also ganz ehrlich ich will Dich sehen wie du zu solchen und anderen Betroffnen hingehst und sagst: " Siehst du? Du erfährst grad deinen Körper. Jetzt weisst du wie sich die anderen 100.000 Vergewaltigungsopfer jedes Jahr fühlen. Schalt den Schmerz einfach ab."....


Unter menschlichen Gesichtspunkten würde meine Theorie jetzt zusammenbrechen - natürlich würde ich NICHT wie von dir beschrieben handeln - aber ich habe versucht das ganze nicht unter menschlichen Blickpunkten zu betrachten, denn so Gott allmächtig is, ist es uns, wie ich bereits sagte, nicht möglich seine Gedankengänge zu erkennen. Vielleicht IST es so, dass es kein Leid gibt und alles nur zu unserem Besten ist, selbst wenn es mir selbst befremdlich vorkommt.

Es bleibt aber alles natürlich eine Theorie und sollte einfach einmal einen anderen Blickpunkt zeigen, den man einnehmen kann und den ich persönlich sehr interessant finde.

Zitat:
Allerdings denke ich hast du an einer Stelle definitiv Recht: sehr oft bilden wir, die wir aus einer "reichen Zivilisation" kommen, uns Leid ein wo keins ist. So habe ich schon Leute kennengelernt die nach 1 Tag mit nur 150ml Wasser rumgeheult haben wie schlecht es ihnen ginge, verglichen mit manch anderem Menschen auf der Welt is das lächerlich.


Das wollte ich damit ausdrücken.
Das ist fast schon das Resultat daraus, dass wir nicht genug Leid haben und jetzt andere Ansprüche stellen und damit das fehlende Leid in "niederen" Ansprüchen ausgleichen und wenn man den Gedanken auf diesem Wege weiter denkt, kommt man auf deine im ersten Beitrag bereits ausgeführte Theorie, der ich im Übrigen ja auch zustimme.

Gruß
MI
Das Thema Nächstenliebe bleibt zeitlos wichtig. Denn diese Charaktereigenschaft entscheidet in meinen Augen darüber, ob unser Planet noch eine Zukunft hat. Wie im Blog zu lesen, öffnet einem Nächstenliebe die Augen für die gesamte Welt und egoistische Handlungen verringern sich dadurch automatisch.
Das finde ich einfach super so!

Auf Theodizee antworten !