Freier Wille



Es würde mich mal interessieren, wie Ihr zum Thema freier Wille steht? Gibt es den freien Willen? Können die Menschen ihre Vergangenheit, ihre Erlebnisse und die jeweilige Gesellschaft in der sie leben, völlig außen vor lassen und ihre Entscheidungen frei treffen? Ich persönlich glaube, dass der Mensch von klein auf so stark von Gegebenheiten beeinflußt wird, dass es fast nicht möglich ist, einen freien Willen zu haben.
Aber vielleicht seht Ihr das auch ganz anders. Würde mich freuen, wenn Ihr Euch dazu äußert!
Hallo Schneeweißchen,

sobald ein Mensch seine Situation und die Einflüsse dieser erkennt, ergibt sich dem Menschen ein freier Wille zu tun, was er will. Die Aufklärung ermöglicht ihm daher eigentlich immer den freien Willen sich den Einflüssen zu entziehen oder nicht.

Theorie: Selbst wenn das Handeln eigentlich biologisch determiniert wäre, könnte man sich dagegen auflehnen, sobald man diese Determination erkannt hat.

Grüße,

Jama
Zitat:
Original von Jama
Theorie: Selbst wenn das Handeln eigentlich biologisch determiniert wäre, könnte man sich dagegen auflehnen, sobald man diese Determination erkannt hat.


Ja, von der Theorie hört sich das ganz schön an....
aber....kann dir nach der bestandenen (juhu!) Prüfung in Sozialpsychologie eine ganze Menge Versuche nennen, in denen der sogenannte "freie Wille" durch situative Einflüsse mächtig beeinflusst wird. Da kommt es dann oft zu dissonantem Verhalten, dessen man sich leider oft erst im Nachhinein bewusst wird und dann seine Einstellung zu dem Verhalten umdefiniert.
Da haben wir von den biologischen Prozessen noch gar nicht gesprochen. Die ja auch einen großen Anteil am "angeblichen" freien Willen haben.

Ich vertrete zwar persönlich auch die Meinung einen freien Willen zu haben, sehe mich aber oft durch Experimente in der Situation diese Meinung nicht 100% beibehalten zu können.

Würde gerne noch mehr über das Thema plaudern, finde es nämlich spannend, muss mich aber leider meinem nächsten, nicht ganz so spannendem Prüfungsthema widmen....also, später mehr dazu Augenzwinkern
Hey Nina,

herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung! Prost

Zitat:
aber....kann dir nach der bestandenen (juhu!) Prüfung in Sozialpsychologie eine ganze Menge Versuche nennen, in denen der sogenannte "freie Wille" durch situative Einflüsse mächtig beeinflusst wird. Da kommt es dann oft zu dissonantem Verhalten, dessen man sich leider oft erst im Nachhinein bewusst wird und dann seine Einstellung zu dem Verhalten umdefiniert.

Klar, ich meinte auch nicht, dass jeder einen absoluten freien Willen besitzt, den es wohl ohnehin nicht geben wird. Allerdings wird es den freien Willen überall dort geben, wo man sich über die Situation auch im Klaren ist.

Als grundlegende prädisponierende Faktoren / Einflüsse auf unser allgemeines Verhalten würde ich folgende Faktoren anführen:

1. Das "Verstanden-Werden" von mindestens einer anderen Person -> das normalisiert wohl das eigene Verhalten, weil man ja nicht der einzige ist, der sich "so" verhält. Das ist wohl übrigens auch der Grund dafür, weshalb sich Leute mit ähnlichen Interessen schnell in derselben Peergroup finden. Hier steht das Normalsein im Vordergrund.

2. Das Streben nach "Bewunderung & Anerkennung"... infolgedessen auch nach einer hohen Position in der Rangfolge einer Gruppe. Hier ist das "Besonderssein" im Vordergrund.

3. Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse (den Punkt könnte man eigentlich auch an erster Stelle anführen).

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen und wäre dennoch noch nicht vollständig, wenn man nicht hinzufügte, dass die genannten Punkte jeweils in Kombination des "Nicht-Wissens" gelten.

Zitat:
Ich vertrete zwar persönlich auch die Meinung einen freien Willen zu haben, sehe mich aber oft durch Experimente in der Situation diese Meinung nicht 100% beibehalten zu können.

Wie genau sehen die Experimente denn aus?

Viele Grüße,

Jama
Hallo Jama,
dass was Du geschrieben hast, hört sich alles ganz logisch an. Erinnert mich auch ein bißchen daran wie Wilhem Schmid in seinem Buch Philosophie der Lebenskunst über den Begriff der Klugheit in Zusammenhang mit der freien Wahl geschrieben hat, welche Faktoren beeinflussend wirken.
Aber ist es nicht genau das, was einer freien Wahl / dem freien Willen widerspricht?
Hi schneeweißchen!

Zitat:
Aber ist es nicht genau das, was einer freien Wahl / dem freien Willen widerspricht?

Wenn man bewußt für / gegen diese Einflussfaktoren handeln kann, ist der "freie Wille" gegeben. Ich denke jedenfalls, dass man das kann. Wenn ich Hunger habe, will ich auch was essen, weil ich es als Selbstverständnis zum Leben betrachte für das ich mich entscheide. Da deckt sich mein Wille mit meinem Bedürfnis.

Inwiefern meinst Du, dass es dem Willen widersprechen könnte?

Viele Grüße,

Jama
Hallo Jama,

mir fällt es gerade schwer meine Gedanken geordnet auf zu schreiben. Im Kopf ist alles ganz klar für mich, nur es dann auch genauso zu erklären, wie ich es meine, ist ein bißchen schwierig. Ich versuche es einfach mal.
Dein Beispiel mit dem Hunger, ist eigentlich ganz schön, weil ich es auch für meine These verwenden kann. Der Mensch hat einen angeborenen Überlebenstrieb (Das hat nichts mit freiem Willen zu tun.) und um zu überleben muss der Mensch essen. Ein Baby was die Nahrungsaufnahme verweigert, ist entweder körperlich oder psychisch krank. Auch in dem Falle, hat es nichts mit dem freien Willen zu tun. Ein Erwachsener der normal ißt, macht dies, weil er das Essen mit etwas Positivem, vielleicht auch Luststillendem verbindet und sich wohl fühlt. Während jemand der Auffälligkeiten bei der Nahrungsaufnahme hat, möglicherweise negative Dinge mit dem Essen in Verbindung bringt. Ebend Erfahrungen die sich auf das Essverhalten ausprägen und somit beeinflussen. Nun kann man natürlich argumentieren, dass jeder die Möglichkeit hat, etwas gegen die Essstörung zu unternehmen und dies dann dem freien Willen zu geschrieben werden könnte. Dem würde ich wieder widersprechen, weil ich argumentieren würde, dass jeder sich nur soviel helfen lassen würde, wie es seine Erfahrungen durch die Vergangenheit zulassen würden.
Ich hoffe, es ist einigermaßen verständlich, was ich damit meine. Aber vielleicht findest Du ja auch noch ein paar Argumente dagegen. Würde mich freuen!

Gruß Schneeweißchen
Guten Abend Schneeweißchen!

Zitat:
Der Mensch hat einen angeborenen Überlebenstrieb (Das hat nichts mit freiem Willen zu tun.) und um zu überleben muss der Mensch essen.

Sehe ich auch so. Der Überlebenstrieb ist in diesem Normalfall primär "gegeben". Dennoch verfügen wir doch über unser eigenes Leben. Sonst gäbe es (leider) nicht die Leute, die sich das Leben nehmen, oder sich bewußt für das Leben entscheiden könnten.

Der Überlebenstrieb ist daher kein absoluter Faktor, dem wir uns unterwerfen.

Zitat:
Nun kann man natürlich argumentieren, dass jeder die Möglichkeit hat, etwas gegen die Essstörung zu unternehmen und dies dann dem freien Willen zu geschrieben werden könnte. Dem würde ich wieder widersprechen, weil ich argumentieren würde, dass jeder sich nur soviel helfen lassen würde, wie es seine Erfahrungen durch die Vergangenheit zulassen würden.

Auch hier stimme ich Dir zu. Aber meinst Du, dass es sich dann um Leute handelt, die in den Momenten ihre Situation reflektiert und die Gründe analysiert haben? Sofern sie das nicht haben, ist es verständlich, dass sie in den Punkten "unfrei" sind.

Um das ganze mal zu abstrahieren: Es wird immer Situationen geben, die man sich nicht vollständig erklären kann. Von daher ist es auch nicht möglich von einem allgemeinen (!) freien Willen zu sprechen, wenn die Allwissenheit fehlt, die eben die Grundlage bildet. Andererseits darf man auch nicht von einem generellen "unfreien Willen" sprechen, weil es immer die Möglichkeit (!) gibt, dass man seine Situation erkennt.

Von daher ist Deine Eingangsfrage "Gibt es den freien Willen?" klar mit "Ja, aber ..." zu beantworten smile

Freue mich auf weitere interessante & durchdachte Beiträge von Dir! Übrigens Willkommen im web-z.net und stell Dich doch mal hier vor! http://forum.web-z.net/board.php?boardid=3

Viele Grüße,

Jama
Allerdings gibt es ja auch so Situationen, in denen man ganz instinktiv etwas tut. Das hat doch dann in diesem Moment nichts mit irgendwelchen körperlichen Bedürfnissen zu tun. Warum gibt es sowas dann trotzdem?

Z.B. bin ich vor Kurzem von der Stadt zu meiner Freundin gelaufen, weil ich den Bus verpasst habe. Diesen Weg bin ich erst einmal gelaufen. An einer Kreuzung, an die ich mich überhaupt nicht mehr erinnern konnte habe ich dann instinktiv den richtigen Weg genommen; ohne zu Zögern. Klar, man könnte dann meinen, dass das Zufall war, oder man unbewusst doch noch den richtigen Weg abgespeichert hatte. Aber wie kommt es dann zustande, dass mir dasselbe auch öfter auf einem Weg passiert ist, den ich davor noch nie vorher genommen hätte?

In diesem Moment hat man keine Ahnung, was man tun soll und eigentlich doch den vollen Durchblick, dass man nicht weiß was richtig ist, und doch nimmt man automatisch den richtigen Weg. Dafür habe ich einfach keine Erklärung.
Was meint ihr dazu?
hallo valonka!

ich denke, dass der mensch so eine art sechsten sinn hat, damit will ich sagen, dass es mir auch schon oft so gegangen ist.

ich komme aus einem kleinen bergdorf mit knapp 120 einwohnern und wollte mit einer freundin ins kino gehen.
das nächste kino liegt fast 60 km von meinem zu hause entfernt in einer stadt mit knapp 15.000 einwohnern.
also fuhren wir mit dem bus dahin, stiegen irgendwo aus (da wir keinen schimmer hatten wo sonst noch überall bushaltestellen sind) und gingen dann irgendeine straße entlang.
wir dummköpfe dachten darüber nach, und kamen zu dem schluss, dass wir falsch sein mussten, da die straße zu verlassen wirkte!
(es wäre die richtige straße gewesen! smile )
wir kehrten natürlich um und brauchten insgesamt 50 min zum kino, da wir uns 3 mal verlaufen hatten!!!!

du siehst also, dass der erste gedanke immer der richtige ist!
ich denke das ist einfach so.
da wir aber zu sehr darüber nachdenken, entscheiden wir uns immer falsch!
wir plagen uns mit selbstzweifeln und was ist das ergebnis: wir liegen falsch!
also am besten ists, dass der mensch sein hirn ausschaltet und auf sein bauchgefühl hört!
Heute gibt es diesen Willen einfach nicht mehr. Weil wir werden bewusst wie unbewusst von Medien und anderen Menschen in einer Richtung gedrückt. Das wir gar nicht merken das es eigentlich nicht unser Wille ist diesen Weg zugehen...
Ich denke auch, dass freier Wille etwas mit Emanzipation zu tun hat. Insofern man über sich und seine Umstände weiß und in der Lage ist, darüber zu reflektieren, ist man in der Lage frei zu denken und zu handeln.
Aber um diese Debatte führen zu können, ist es hilfreich erstmal die Begriffe "Freiheit" und "Willen" zu definieren.
Ein schwieriges Thema, aber auch interessant. Ich denke, der Mensch kann einen freien Willen haben. Glaubte ich dies nicht, würde ich nur schwerlich durchs Leben kommen Augenzwinkern
Außerdem könnte man so leicht jedem Menschen Verantwortung für sein eigenes Handeln absprechen.
Es ist wahrscheinlich ein dialektisches Verhältnis von Willen und Umständen.
Ich denke, dass die Gedanken aus der Zeit, die wir heute Aufklärung nennen, vor allem Ideale waren, man sie also nicht als wahr, sondern als erstrebenswert wahrnehmen sollte oder als Werte, nach denen man sich richtet, die aber nicht meinen, dass Menschen jemals so vollkommen sein werden.

Meiner Meinung nach kann sich kein Menschn komplett von seiner Sozialisierung emanzipieren, denn sie ist es auch, was uns ausmacht, wenn allerdings nicht allein.
Was man unter freiem Willen versteht, ist auch wichtig, um zu beurteilen, ob die jeweilige Definition möglich ist.
Ich habe einen engeren Begriff von freiem Willen und denke, dass ein Erkennen der Verhältnisse und ein Umgang mit ihnen schon einen gewissen Handlungsspielraum ermöglicht.

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