Fabel: Arbeitsspaß



Hallo!

Ich halte nächste Woche einen Vortrag über "soziale Rollen" und habe in meinen Unterlagen eine Fabel von Paul Scheerbart (1902) zu diesem Thema gefunden.
Verstehe zwar nicht den konkreten Zusammenhang dieser Geschichte zu meinem Thema...aber es war meiner Meinung nach mal ein Anreiz, sie hier einzustellen.
Vielleicht möchte ja einer von euch sich dazu äußern, was er darunter versteht, denn Gedankenanregend ist diese Fabel auf jeden Fall :-)


Die gebratene Ameise oder der Arbeitsspaß:

Bei den fleißigen Ameisen herrscht eine sonderbare Sitte: Die Ameise, die in acht Tagen am meisten gearbeitet hat, wird am neunten Tag feierlich gebraten und von den Ameisen ihres Stammes gemeinschaftlich verspeist.
Die Ameisen glauben, dass durch dieses Gericht der Arbeitsgeist der Fleißigsten auf die Essenden übergehe.
Und es ist für eine Ameise eine ganz außerordentliche Ehre, feierlich am neunten Tag gebraten und verspeist zu werden. Aber trotzdem ist es einmal vorgekommen, dass eine der fleißigsten Ameisen kurz vor’m Gebratenwerden noch folgende kleine Rede hielt:
„ Meine lieben Brüder und Schwestern! Es ist mir ja ungemein angenehm, dass ihr mich so ehren wollt! Ich muss euch aber gestehen, dass es mir noch angenehmer sein würde, wenn ich nicht die Fleißigste gewesen wäre. Man lebt doch nicht bloß, um sich tot zu schuften!“
„Wozu denn?“, schrieen die Ameisen ihres Stammes – und sie schmissen die große Rednerin schnell in die Bratpfanne, sonst hätte dieses dumme Tier noch mehr geredet.


LG Tinkerle

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